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Gedanken zur Feuerwehr-Aktionswoche
„Was geht mich das an?“ oder „Was kann ich schon tun?“ oder „Gibt es da nicht andere, die für so etwas zuständig sind?“. Es sind immer die gleichen Fragen und Einwände, mit denen sich „Gaffer“ oder „Weggucker“ rechtfertigen, die untätig Zeuge einer Straftat oder Unglücksfalls geworden sind.
Die aufgeworfenen Fragen aus der Gewaltprävention der Polizei lassen sich recht einfach auf die Arbeit unserer Feuerwehren übertragen. Der eine oder andere Feuerwehrdienstleistende hat sicherlich schon Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und ein (allenfalls von Sensationsgier unterbrochenes) Desinteresse am Schicksal des Nächsten an einer Einsatzstelle angetroffen. Klar ist auch, dass die Phänomene von Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit ein Klima begünstigen, in dem es Straftätern leicht fällt, weitgehend unbehelligt zu agieren. Trotzdem: Das ist nur die eine Seite der Medaille. Viele von uns fühlen sich betroffen und wollen helfen, wenn andere belästigt, beraubt oder bedroht werden oder auch aus Sicht der Feuerwehren unsere Hilfe brauchen. Dennoch bleibt die Hilfe oft aus: Einmal, weil es am Wissen fehlt, ob - und wenn ja – wie geholfen werden kann. Zum Zweiten, weil viele sich vor jenen Unannehmlichkeiten fürchten, die das eigene Engagement mit sich bringen könnte.
Mit der diesjährigen Feuerwehr-Aktionswoche möchten die über 320.000 Feuerwehrdienstleistenden Bayerns darauf aufmerksam machen, dass sie Zivilcourage zeigen, in dem sie „Zupacken, statt Zuschauen“.
Das beherzte Handeln der Menschen in den Feuerwehren wird bereits über 150 Jahre gelebt. Bekämpften die Gründer unser Feuerwehren vor allem Brände, so drängt sich in den letzten Jahrzehnten die Technische Hilfeleistung durch die fortwährende Technisierung immer mehr in den Aufgabenfocus der Feuerwehren. Mit der diesjährigen Feuerwehr-Aktionswoche soll das couragierte Handeln der Feuerwehrleute und dessen Wertschätzung, sowie die Vermittlung des vielseitigen Aufgabenspektrums der Feuerwehren dargestellt werden.
Ferner soll gezeigt werden, dass jeder in unserer Gesellschaft bei einem Unglücksfall durch beherztes Handeln etwas tun kann. Sei es durch das Absetzen eines Notrufes, andere zur Mithilfe aufzufordern, das Leisten von Erster Hilfe oder auch das „nur“ da sein für einen Unfallbeteiligten oder einen Betroffenen. Im Hinblick auf Gewaltverbrechen kann man „genau hinsehen“ und sich als Zeuge melden und wertvolle Hinweise geben, anstatt „wegzusehen“. Obwohl jeder Mensch dazu verpflichtet ist, einer Person Hilfe zu leisten, wenn die Situation es verlangt, jedoch ohne sich selbst oder andere unzumutbar zu schaden (§323c, StGB), ist an Einsatzstellen immer wieder festzustellen, dass zwar viele Leute gute Ratschläge parat haben, aber nicht einmal in der Lage sind, eine Unfallstelle durch das Aufstellen eines Warndreieckes abzusichern.
Zivilcourage heißt wörtlich übersetzt Bürgermut. Erstmals 1835 in Frankreich nachgewiesen, geht der Begriff in Deutschland auf Otto von Bismarck zurück *1. Zivilcourage ist wertorientiertes demokratisches Handeln und eine besondere Form öffentlichen Muts. Der Begriff ist von der Bereitschaft zu Handlungen, die persönliche Beherztheit erfordern, geprägt *2.
Nach Gerd Meyer ist Zivilcourage „ein spezifischer Typus sozialen Handelns, das sich in spezifischen Situationen, in unterschiedlichen sozialen Kontexten und Öffentlichkeiten vollzieht, indem eine Person (seltener eine Gruppe) freiwillig eintritt für die legitimen, primär nicht-materiellen Interessen und die personale Integrität vor allem anderer Personen, aber auch des Handelnden selbst und sich dabei an humanen und demokratischen Prinzipien orientiert.“ (Gerd Meyer et. al: Zivilcourage lernen.)”
Dass dies durchaus zutreffend ist, zeigt immer wieder, dass Angehörige von Feuerwehren und anderen Hilfsorganisationen in Notsituationen außerhalb des Dienstes beherzt eingreifen. Beeindruckend zeigte dies im September 2009, als ein der Jugendfeuerwehr angehörender Jugendlicher bei einem Amoklauf am Gymnasium Carolinum im mittelfränkischen Ansbach einen klaren Kopf behielt, die Polizei verständigte und mit Löscharbeiten in der Schule begann. Er riskierte seine Gesundheit und nutzte den Vorteil, dass er für Notsituationen durch die Feuerwehr ausgebildet wurde. Im Oktober 2008 ziehen im Landkreis Main-
Spessart drei Angehörige einer Feuerwehr nach einem Verkehrsunfall in letzter Minute eine 20-Jährige aus ihrem in Vollbrand stehenden Fahrzeug. 2002 rettet ein Feuerwehrangehöriger aus Karlstadt eine Frau aus ihrem im Main abzusinken drohenden PKW.
*1 (vgl. von Keudell 1901, S. 8; Meyer 2004, S. 22)
*2 (vgl. Meyer 2004, S. 23; Gugel 2010, S. 506; Ostermann 2004, S. 52).
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